FussballFanSeiten.de

Aktuelles aus der Welt des Fußballs + Spielberichte von Fans für Fans

New York, New York – Fritz Walter in Amerika

22.09.10 (1. Bundesliga, Aktuelles, Gerhard Ahrens, News, Startseite)

Twitter It!    Teilen

Gerhard Ahrens schreibt für FussballFanSeiten.de – Folge 14

Die Walter-Elf erhielt als eine der ersten deutschen Mannschaften nach dem Krieg die Einladung zu einer Gastspielreise in Amerika.

Flug Fritz Walter

Flug Fritz Walter nach New York


Sechs Spiele waren geplant, zweimal in New York, in St. Louis, Detroit, Chicaco und Philadelphia waren vorgesehen.
Wir fanden eine unglaubliche Gastfreundschaft vor. Stets waren deutsch sprechende Begleiter um uns und die vielen deutschen Vereine bemühten sich auf das Herzlichste um das Wohlbefinden unserer Elf. Damals geschlossene Freundschaften halten noch heute.
Es gab den Pfälzer Heimatverein in New York,
Die Pfälzer von Gross York

Die Pfälzer von Gross York


der Oberbürgermeister Dr. Wagner war deutschstämmig und auch der Präsident des amerikanischen Fußballverbandes Herr Steuben trug nicht nur einen deutschen Namen und war bei allen Spielen anwesend.
Heute kann ich nicht mehr sagen ob nun 12 oder 14 Stunden der Flug dauerte. Jedenfalls sind wir in Island in Shannon zwischen gelandet und kamen Mittags in New York auf dem heutigen Kennedy Flughafen an. Fritz Walter und Sepp Herberger waren 8 Tage vorher mit dem Schiff nach Amerika gefahren, da Fritz auf Grund seiner schlechten Erfahrungen bei den „Roten Jägern“ in den Kriegsjahren nicht fliegen wollte. Es hat dann viel Überredung durch Trainer Richard Schneider bedurft, um ihn bei den Rundflügen und dem Rückflug ins Flugzeug zu bringen und mein Foto hat historischen Wert als Trainer Richard Schneider mit Engelszungen Fritz ins Flugzeug brachte. Wir brauchten Fritz doch für die Spiele um die „Deutsche“ und konnten nicht auf die Ankunft seines Schiffes warten.
Einmarsch der Mannschft

Einmarsch der Mannschft

Mittags Ankunft in New York und am Abend bereits das erste Spiel. Eine tolle Kulisse, Stadion ausverkauft. Wir waren gewarnt, die Mannschaft war stark und wir verloren mit 1:0 unser einzigstes Spiel in Amerika, alle anderen Spiele wurden hoch gewonnen.14-Amerika4 Das nächste Spiel war in Detroit und wir wurden durch die Fordwerke geführt. Vielmehr oberhalb der Werkshallen gab es einen Rundgang der uns in alle Produktions Hallen brachte. Eine bleibende Erinnerung ist: 4 Arbeiter waren am Ende des Laufbandes nur damit beschäftigt die fertigen Fahrzeuge im 5 Minutentakt aus der Halle zu fahren. Es blieb für uns nur die Überlegung – wer kauft denn alle diese Fahrzeuge. Dann als Höhepunkt in der gläsernen Empfangshalle ein Capriolet mit allen Schikanen ließ uns unsere damaligen Pkw`s vergessen.
Das nächste Spiel dann in St. Louis brachte uns während unseres Spiels eine Überraschung. Unsere Gastgeber wechselten im Viertelstundentakt immer gleichzeitig 4-5 neue Spieler ein und aus und machten uns die Einstellung auf den Gegner sehr schwer. Aber unsere Tore schossen wir auch hier zweistellig.
Unsere netten Gastgeber hatten für uns in der von deutschen Einwanderern gebauten Bierbrauerei Budweis eine Besichtigung organisiert. Ein großartiges Erlebnis, auch hier wieder bei uns nicht gekannte Größenordnungen. In einer riesigen Lagerhalle waren solch eine unvorstellbare Menge von Bierdosen gelagert, dass sich niemand von uns vorstellen konnte, dass die alle getrunken werden könnten. Rings um die Brauerei die schmucken und gepflegten kleinen Familienhäuser erinnerten uns an deutsche Siedlungen.

Viktoria Stadium New York

Viktoria Stadium New York

In St. Louis noch sehr heiß war dann das nächste Ziel Chicago durch die Kühle eine große Umstellung als wir dieses beim Ausstieg aus dem Flugzeug feststellten. Bei Hansa Chicago gab es sehr viele deutschstämmige Gastgeber. Die Pfaffianer wurden zur Pfaff – Filiale eingeladen und von dort besuchten wir den Fernsehturm, der uns einen gigantischen Blick über die Stadt bescherte. Auf dem Platz begrüßte dann Sepp Herberger im Namen der Walter-Elf die Gastgeber.
Unser eigentliches Quatier war in New York in der 45. Street in unmittelbarer Nähe des Central Parks.

Amtssitz

Amtssitz


So hatten die ungarischen Einwanderer alle Messer gewetzt als es gegen unsere Mannschaft im zweiten Spiel in New York ging. Wohl wissend, dass fünf Mann bei der Weltmeistermannschaft von Bern in unseren Reihen waren. Es wurde eine sehr harte Begegnung unter Flutlicht und schlechten Platzbedingungen. Wir gewannen 5:2. Hatten aber schon nach einer viertel Stunde 4 Verletzte zu beklagen.

Anschließend hatte eine New Yorker Brauerei zu einer Begrüßungs Feier eingeladen und es wurde noch ein schöner Abend unter deutschen Einwanderern. Viele kamen auch aus der Pfalz und einige Spielern wurden von Bekannten aus ganz Amerika überrascht. Der nächste Tag machten wir mit den Pkw`s unserer Gastgeber eine Fahrt nach Westpoint dem Ausbildungs Centrum der Armee. Es waren beeindruckende Bilder auf der Fahrt entlang des Hudson und dann in der Offiziersschule. Wo die Kadette im 1. Jahr beim Essen in der Mensa so gerade sitzen mussten, man erkennt es auch im Bild wo die einjährigen Kadetten sitzen. Das die Parole hiess: „Entweder verkleckern oder verhungern.“
Das letzte Spiel dann in Philadelphia war eine grandiose Abschiedsfeier. Es gab hier viele deutsche Vereine und man hatte ein Sportfest organisiert. Die Amerikareise war für alle ein großartiges Erlebnis. Durch die anstehenden Endrundenspiele um die Deutsche Meisterschaft standen wir leider etwas unter Zeitdruck und uns angelobte weitere Spiele konnten wir nicht mehr wahrnehmen. So flogen wir zurück mit Fritz Walter und Sepp Herberger und landeten am 23. Mai 1957 um 16 Uhr auf dem Flughafen Frankfurt am Main.

Amerika Mannschaftsfoto Kaiserslautern

Amerika Mannschaftsfoto Kaiserslautern

Gut, alles liegt mehr als 50 Jahre zurück, aber es waren doch ganz andere Zeiten als heute. Fußball war für uns eine Herzens Angelegenheit und keine Geldfrage. Von der ehemaligen Walter-Elf leben nur noch wenige Kameraden und heute am 28.8.2010 bekomme ich die Nachricht, dass unser langjähriger Torwart Willi Hölz uns ebenfalls verlassen hat. Vom 53er deutschen Meister leben nunmehr nur noch Ottmar Walter, Horst Eckel. Mit Horst „dem Küken“ mit 78 Jahren während Ottmar bereits 86 Jahre alt ist. Im nächsten Bericht werden ich die Gründe meines Fortgangs 1958 vom FCK schildern und meine sportlichen Zeiten bei den Sportfreunden in Saarbrücken und meine Erlebnisse beim Wunder von Alsenborn.

Gerhard Ahrens

PS: Auf dieser Seite von Gerhard Ahrens gibt es eine große Bilderauswahl aus vielen Stadien und Ländern, nicht nur über eine sehr schöne Fußballvergangenheit.